kurzprosa

fortschritt

ich gehöre zur gattung mensch, geboren zwischen den rändern der welt, ungläubig, hungerlos und im einzelgang. wenn ich mir die straßenbeleuchtung so anschaue, die giftgasopfer und freilichtbühnen, dann wird mir meine position klar. oder nehmen sie meinetwegen: kaugummi, cybersex und dampfdruckreiniger – deutlicher lässt es sich wohl kaum sagen! es mag am wissen liegen, auf das man wert legt wie auf einen guten tabak, einen hippen look oder eine kleine gutenachtmusik.

wissen sie, als ich so alt war wie sie, da wollte ich mir schneisen schlagen durch den kosmos des menschlichen fortschritts und das binäre dickicht seiner möglichkeiten, seine weiten lichtungen entdecken und seine tücken besiegen – ein großes projekt, das man leben nennt. später dann, in meinen besseren jahren, zog ich es vor, mir die augen zu reiben, den kopf zu kratzen und dergleichen mehr, mich daran ungemein erfreuend – ja, ich habe meine zeit vergessen wie kein anderer! in den folgenden dekaden stellte ich nach und nach die befestigungen meiner psyche der witterung anheim; entledigte mich allmählich meiner eigenschaften, glatt, geruchsfrei und wiederverwendbar zu sein; ließ geschehen, dass mein asphaltierter blick langsam von den gewaltigen wurzeln der bäume durchbrochen wurde, bis er vollends erlosch; und verzichtete schließlich darauf, das uhrwerk in meiner brust weiterhin aufzuziehen, um seither behaglich außer dem takt zu leben. und heute, kurz vor meinem tod, heute ist dieses gefühl, angefüllt zu sein mit affären, weitläufigkeiten, worthülsen und widrigkeiten – ist dieses gefühl auf dem rückzug!